Doch, es gibt sie noch: Regionalia, die kompetent und trotzdem spannend Sachverhalte erläutern, Leser zum Mitmachen oder Hinfahren ermuntern, die mehr als ansprechend illustriert sind und die auf diese Art geschickt Werbung für unser schönes Bundesland machen.
Frank Trende ist einmal mehr solch ein Buch gelungen. Ausgehend von der schönen Kirche in Westensee macht er uns vertraut mit einer Kulturregion, die es in sich hat. Nicht weniger als vier Herrenhäuser, die in der Geschichte Schleswig-Holsteins eine nicht unerhebliche Rolle spielen, werden vorgestellt und liebevoll beschrieben: Bossee, Deutsch-Nienhof, Emkendorf und last but not least Schierensee.
Geschickt vermischt Trende Geschichte, Kulturgeschichte und Aktuelles, zum Beispiel, wann Bossee entstand, wer es besaß, wann und wie es umgebaut wurde und so allmählich die Form erhielt, die wir heute kennen. Der Text wird aufgelockert durch historische Lithografien und Stiche sowie aktuelle Fotografien, die Ingo Lau beigesteuert hat. Vorgestellt wird der heutige Gutsherr Detlev von Bülow, der spezialisiert wirtschaftet und „feinheimisch“ kocht. Ein grafisch abgesetzter Infokasten bietet uns die wichtigsten Kontaktadressen.
Diese Art der Darstellung setzt sich auch in den anderen Kapiteln des Buches fort. Wir lernen Emkendorf mit seinen vielfältigen Schnittstellen zur norddeutschen Kulturgeschichte des 18. bzw. 19. Jahrhunderts kennen. Die Gästeliste dieses Gutes umfasst so bekannte Namen wie Johann Caspar Lavater, Friedrich Gottlieb Klopstock und Friedrich Heinrich Jacobi. Im Rahmen dreier Sonderkapitel stellt uns der Autor die Frauen vor, die dort lebten und in ihrer Zeit etwas Besonderes waren, wie z. B. Juliane von Reventlow und Diana von Reventlow-Criminil. Und natürlich begegnen wir ausführlich dem Dichter Matthias Claudius und seiner Frau Rebekka. Ein Zitat von ihr gibt diesem Kapitel seine Überschrift: „Es ist hier unbeschreiblich schön.“
Gut Schierensee darf nicht fehlen; ausführlich wird das Leben und Wirken des Diplomaten Caspern von Saldern geschildert. Ihm ist es zu verdanken, dass seine holsteinische Heimat im 18. Jahrhundert nicht mehr Zankapfel der nordischen Großmächte wurde. Dazu musste von Saldern sich am russischen Hof und auch in Kopenhagen bewähren und zwischen Positionen vermitteln, die als fast unvereinbar galten. Die Belohnung für seine diplomatischen Bemühungen investierte er zwischen 1776 und 1782 in sein Gut Schierensee, das damals die uns heute noch geläufige Form erhielt.
Am Beispiel von Deutsch-Nienhof bringt uns Trende vor allem das harte Leben all der Menschen nahe, die nicht von Adel waren, wie Hufner, Kätner und Insten. Der zweite Schwerpunkt ist Daniel Rantzau gewidmet, einem berühmten Feldherrn seiner Zeit. Bei der Erstürmung Meldorfs im Jahr 1559 wurde er verwundet, im Dreikronenkrieg gegen Schweden leistete er Besonderes, verlor aber sein Leben durch eine Kanonenkugel in der Belagerung der Feste Warberg im Jahr 1569. Der dänische König hätte es gerne gesehen, wenn Rantzau in Dänemark seine letzte Ruhe gefunden hätte, aber die Familie entschied sich für die Grablege in der Kirche am Westensee. Und so gehen wir in diesem Buch auf den Ausgangspunkt der Darstellung zurück, nämlich auf die Beschreibung der Kirche und des Gutes Westensee.
Dank an den Autor für dies ganz außergewöhnliche Buch. Und dem Boyens Buchverlag für die liebevolle Ausgestaltung des Inhalts zu einem ungewöhnlich niedrigen Preis, nämlich € 22,00.
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