Im 17. Jahrhundert kam es zu einer gesamteuropäischen Klimaänderung: Die Winter wurden länger und kälter, die Sommer hingegen eher kürzer und feuchter. Die Folge war eine tief greifende Krise des gesamten feudalen Systems. Während die alten Stützen, der Klerus und der Adel, geschwächt aus dieser Umwälzung hervorgingen, bot die Krise dem aufstrebenden kaufmännisch orientierten Bürgertum die große Chance, einer größeren Teilnahme an der Macht durch Profitmaximierung.
Blom macht uns mit den Einzelheiten dieser Entwicklung vertraut: Er lässt die Zeitgenossen von der Klimaverschlechterung berichteten und von ihren religiös motivierten Deutungsversuchen. Die Unbilden des Wetters führten zu schlimmen Katastrophen einer fast nur agrarisch ausgerichteten Gesellschaft, zu Ernteausfällen, Hungersnöten und Versorgungsengpässen aller Art. Schnell sind die Schuldigen gefunden: Hexen und Minderheiten, auf die man die nicht zu erklärenden Naturphänomene projizieren konnte. Auch die beginnenden, eher länderübergreifenden Handelsbeziehungen können die Not kaum mildern. Wobei es wichtig ist zu differenzieren: Historische Entwicklungen und Veränderungen waren auch in diesen Zeiten durchaus länder- bzw. territoriumsspezifisch, selten ereigneten sie sich an allen Orten gleichzeitig.
Blom berichtet von anderen Faktoren, die die Gesellschaften dieser Zeit zusätzlich veränderten: die (schwarze) Pest, die einsetzende Renaissance, die Reformation und in deren Gefolge die Religionskriege. Zusammen mit der Kleinen Eiszeit bewirken sie in etwa 130 Jahren eine Umformung der Gesellschaften, die die Deutungshoheit der Religion mehr oder minder unverhohlen in Frage stellt. Philosophie und die sich emanzipierenden Naturwissenschaften bieten neue Welterklärungsmuster an, deren Gebrauch allerdings im wahren Sinn des Wortes „lebensgefährlich“ sein konnten. Schnell wurde ein Wissenschaftler zum Ketzer gestempelt, und die Amtskirche zögerte nicht, ihr noch existierendes Meinungsmonopol brutal durchzusetzen.
Zuletzt schlägt Blom den Bogen in unsere Zeit. Wie stellen wir uns als späte Nachfahren eben jenes Bürgertums zu den Klimaveränderungen heute? Die Politik der Profitmaximierung, die mit der Emanzipation des Bürgertums im 16. und 17. Jahrhundert verbunden war, ist an ihre Grenze gestoßen. Wir brauchen dringend eine komplett neue Sicht auf die Dinge, eine neue globale Ethik.
Bloms Buch liest sich spannend und informiert uns facettenreich über eine ferne Epoche und deren unmittelbaren Auswirkungen auf die Situation unserer Tage. Es ermuntert zur kritischen Reflexion im Zusammenhang mit dem Klima unserer Zeit.
Das Buch ist im Hanser Verlag mit der EAN 978 3 446 25458 9 erschienen und kostet 24 Euro.
Kommentar schreiben