In diesem Roman begegnen sich zwei Menschen, unterschiedlich wie Tag und Nacht: Alexander Storz betreibt ein kleines Antiquariat und mogelt sich geschäftlich so über die Runden. Eine Geschäftsidee hat er nicht, seine Lebensidee hat er wohl irgendwann aufgegeben. Ganz anders Faller: ein offensichtlich erfolgreicher Geschäftsmann in Sachen Immobilien, eine beeindruckende Persönlichkeit, ein Mann, nach dem sich die Frauen umgucken. Eines Tages erscheint Faller im Antiquariat, lädt Storz zu sich in seine Luxus-Wohnung ein und eröffnet ihm, dass er sich von seiner wertvollen Bibliothek trennen will. Er bittet um ein Angebot. Außerdem bietet er Storz an, ihn als Chauffeur für eine Geschäftsreise quer durch Deutschland zu begleiten. Die Reise soll etwa zwei Wochen dauern, tausend Euro pro Woche will er zahlen.
Storz willigt ein, die Fahrt beginnt schon einige Tage später. Faller nennt einen dunkelgrünen Jaguar sein Eigen, und ein klassisches Roadmovie beginnt: Los geht es in Köln, weiter mit Stationen in Göttingen, Kassel, Münster und Marburg bis nach Zürich. Auf der Fahrt haben beide viel Zeit, sich zu unterhalten, über Gott und die Welt, über alte Zeiten und neue, über Bücher, über Literatur, über Musik und natürlich auch über sich selbst. Storz versucht, sich in die Welt seines Mitfahrers hineinzudenken, aber Faller zeigt sich in Vielem verschlossen. Wohl erzählt er über die Quelle(n) seines Reichtums, plaudert aus der Wohngemeinschaftserfahrung seiner 1968er-Studentenzeit in Berlin, aber umgibt seine aktuelle Situation mit Schweigen oder mit unverständlichen Andeutungen.
Da Faller in den einzelnen Städten Geschäfte tätigen muss, hat Storz immer wieder viel Zeit für sich. Er verbringt sie zum großen Teil in den Buchläden der jeweiligen Städte, flaniert durch die Straßen und denkt über seine Vergangenheit nach.
Im Gespräch mit Faller fällt ein Name, nämlich Agnes, mit der Storz drei Jahre verbunden war und die ihn schon vor einiger Zeit wegen eines anderen verlassen hat. Immer wieder versucht er zu ergründen, was damals mit ihnen geschah und warum er sie bis heute nicht vergessen kann. Faller wiederum spricht auch von seiner Frau, deutet aber nur an, was mit ihr geschehen ist.
Zuletzt wird deutlich, dass Faller sein mühsam aufgebautes Wohnungsimperium offensichtlich „verschenken“ will. Anja, seine Sekretärin und wohl auch Geliebte, soll ihm dabei helfen. Und Storz muss einmal mehr seine Mutmaßungen über das geheimnisvolle Gegenüber revidieren. In Zürich findet Storz einen Brief von Faller, lernt Anja von einer ganz anderen Seite kennen und erfährt schließlich die Wahrheit über „Fallers große Liebe“.
Baier ist ein ergreifendes Buch gelungen: Worum geht es tatsächlich, wenn wir über Liebe sprechen? „Was ist schlimmer: die Liebe seines Lebens zu verlieren oder sie nie zu finden?“ Eigentlich ist das ein uraltes Thema. Baier gelingt es glänzend, diese Fragestellung in unsere Tage zu retten und das in einer einfachen, aber nicht minder präzisen Sprache. Besonders schön an diesem Buch sind die liebevollen Passagen, die sich mit dem Buchhandel beschäftigen: Storz outet sich als passionierter Leser, Baier als kundiger Führer im Dschungel der neueren Literatur.
Dies Buch ist nur mehr als Taschenbuchausgabe erhältlich, nämlich bei Piper unter der ISBN 978-3-492-27214-8 zum Preis von 9.99 Euro.
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