Blick auf die Orgel der Stadtkriche Preetz
Ausflug der Gruppe "Offene Kirche Haddeby" nach Preetz am 5. Oktober 2012
Am 5. Oktober 2012 war es wieder so weit: Wir, acht Menschen aus der Gruppe "Offene Kirche Haddeby" haben uns auf den Weg gemacht, diesmal ins Holsteinische, nach Preetz. Das Wetter war alles andere als einladend, aber als wir in Preetz ankamen, trafen wir auf Frau Kalb, die uns in ca. 2 ½ Stunden das kleine Städtchen an Schwentine und Mühlenau auf charmante und manchmal augenzwinkernde Art nahegebrachte. Ob es die "königliche (vom dänischen König einst) privilegierte Apotheke", der alte, aber neu gepflasterte Marktplatz, die Entstehung des Örtchens Preetz an der Furt der Schwentine, die Brunnensituation oder auch der Umstand war, dass Preetz eine "Schusterstadt" war und ist, immer hatte Frau Kalb eine Geschichte parat, die uns unser Besuchsziel näher brachte.
Höhepunkt und Abschluss der Führung in Preetz war die Besichtigung der Stadtkirche, ursprünglich "Lothari-Kirche" genannt, nach dem mittelarlichen Kaiser Lothar III. von Supplinburg, der die Ostkolonisation entscheidend vorantrieb. Der älteste Teil der Kirche entstand zwischen 1200 und 1210. Von ihm sind fast nur noch die Taufe, die Fundamente und die Seitenwände des Chorraums erhalten. Im 18. Jahrhundert erfolgte unter dem Eutiner Hofbaumeister R. M. Dallin ein grundlegender Neu- und Erweiterungsbau, der der Kirche ihr heutiges Gesicht gab. Die Orgel wurde N. Plambeck aus Barsbek gebaut, um 1734 eingeweiht und 1999 grundlegend restauriert. Beeindruckend auch die Renaissance-Leuchter aus dem 16. Jahrhundert. Der größte wurde von der Schusterinnung gestiftet. Mit einem herzlichen Dankeschön haben wir uns von Frau Kalb verabschiedet.
Anschließend steuerten wir die Klosterkirche an, die ein Juwel norddeutscher Sakralarchitektur ist. Am Eingang der Kirche erwartete uns Frau Diederichs-Claus, die
uns eine zuverlässige und humorvolle Führerin war. Nicht eine unserer zahlreichen Fragen blieb unbeantwortet. Uns so erfuhren wir, daß das Kloster Preetz 1210 zu Ehren der Jungfrau Maria und
Johannes des Täufers gegründet wurde. Es lebten hier bis zu 70 Frauen gemäß der Klosterregel des Heiligen Benedikt. Nach der Schlacht von Bornhöved 1227 wurde der dänische Einfluss im
Holsteinischen zurückgedrängt, und durch umfangreiche Schenkungen erweiterte sich der Grundbesitz des Klosters erheblich, auf bis zu 24.000 Hektar im Hochmittelalter.
Aber das Leben der adeligen Nonnen war hart: In der Klausur, dem Wohnbereich neben der Klosternordseite, herrschte eine drangvolle Enge. Im Winter waren die Zellen und die Kirche nicht geheizt. Jede der Nonnen musste auf ein persönliches, selbstbestimmtes Leben verzichten. Die Ordensregel sah einen unbedingten Gehorsam der Nonnen der Klosterobrigkeit gegenüber vor. Die Familien, die ihre unverheirateten Töchter in das Kloster schickten, glaubten damit Entscheidendes für ihr Seelenheil getan zu haben. Die meisten der Nonnen kamen aus Lübeck oder aus den Holsteiner Adelsfamilien.
Ein wenig von der Härte des Klosterlebens bekamen wir zu spüren, als wir, durchaus nass und vom Wetter nicht gerade verwöhnt, in die kalte Klosterkirche kamen und diesen wunderbaren Bau besichtigten. Wir alle haben mehr oder minder gefroren. Wir erfuhren, neben vielen Einzelheiten zur Architektur und Biografie der Nonnen, dass so ein Gottesdienst auch im Winter durchaus mehr als drei Stunden dauern konnte.
Die Wende kam mit der Reformation und der neuen Kirchenordnung von 1542: Die schleswig-holsteinische Ritterschaft verhinderte einerseits die Auflösung der Klöster
und wandelte sie andererseits in adelige Damenstifte, die die unverheirateten Töchter des Adels aufnahmen. Die einzelnen Familien errichteten ihren Töchtern "Damenhäuser" im Klosterhof. Die
Inneneinrichtung der Kirche wurde "modernisiert": Auch die Bemalung der hölzernen Innenwände wurde barockisiert, die Orgel wurde erweitert. Langsam erhielten Kloster und Kirche die heutige Form.
Behutsam änderte sich das Leben der ehemaligen Klosterinsassinnen. Auch heute noch gehört die Klosterkirche nicht der nordelbischen Kirche an, sondern ist im Besitz des Adels. Eine Priörin
bestimmt nach ihrer Wahl durch den Konvent die Geschicke des Klosters. Regelmäßige Führungen, wie die von Frau Diederichs-Claus, öffnen das Kloster zur Welt.
Den Kopf voller Klosterkultur und -architektur, ansonsten doch ziemlich frierend, kehrten wir in den Preetzer Caféstuben ein. Wir wurden prompt und freundlich bedient, warmer Tee, Kaffee und Kuchen nach Wunsch bildeten den Rahmen für den freundlichen Abschluss in Preetz. Einmal mehr haben wir festgestellt, wie viel Vergnügen solch ein Ausflug – auch bei schlechtem Wetter – bieten kann, und haben uns auf den Heimweg gemacht. Wer beim nächsten Mal mit dabei sein und vor allem die Gruppe von Kirchenhütern aktiv unterstützen möchte, kann Kontakt aufnehmen mit Pastor Witold Chwastek, Tel. 04621-990117.
Darstellung des Gnadenstuhls im Kloster Preetz
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