Detail - HImmelfahrt - aus der Kanzel von Gudevert dem Älteren
Nein, man muss nicht weit fahren, um einen wunderschönen Kirchenraum genießen zu können und einen Ort darum, der sich sehen lassen kann. An einem sonnigen Herbsttag sind wir, sieben Kirchenhüter und Pastorin Emersleben, von Haddeby nach Gettorf gestartet, um die dortige St. Jürgenkirche zu besichtigen. Und wir wurden erwartet: Hans Christian Sacht, lange Zeit im Kirchengemeinderat in Gettorf tätig, hat uns dieses Juwel unter den schleswig-holsteinischen Kirchen ausgesprochen unterhaltsam und humorvoll nahegebracht.
St. Jürgen ist wohl zu Beginn eine Pilgerkirche gewesen, errichtet an einer ehemaligen vorchristlichen Kultstätte. Um 1250 vor Christus wird das heutige Mittelschiff mit Chor errichtet, um 1300 vor Christus der heutige Chor angefügt. Die Kirche ist zu dieser Zeit der Gottesmutter Maria gewidmet. An den Kirchenraum wird ein Speicher angeschlossen, der die Naturalien aus dem Kirchenzehnten aufnahm und wohl auch der Versorgung der Pilger diente. Auf die Fundamente dieses Speichers wurde im 15. Jahrhundert der Turm errichtet. Offenbar war er mit Kupferplatten versehen, die erst nach der Reformation im Dreißigjährigen Krieg durch Schindeln aus Eichenholz ersetzt wurden.
Durchquert man das Kirchenschiff bis zur Mitte, sieht man zur Rechten einen großen Bogen, der durch eine Glaswand verschlossen ist, die Marienkapelle. Sie enthält neben der gotischen Rankenmalerei, die sich im gesamten Kirchenraum findet, wertvolle Sarkophage und Grabplatten und wird für Sonderveranstaltungen genutzt.
Auch die Ausstattung der Kirche ist außergewöhnlich: eine Bronzetaufe, die die Kirche als Geschenk der Familie von Ahlefeldt erhielt, zeigt als Relief die Verkündigung Mariens, die Anbetung des Jesuskindes, die Krönung Mariens und die Flucht nach Ägypten. Der über dem Taufbecken hängende barocke Taufdeckel birgt mancherlei emblematische Geheimnisse.
Der Schnitzaltar stammt aus dem Jahr 1500 und zeigt uns in der Mitte eine wunderschöne Rosenkranzmadonna. Die anderen Felder der Seitenflügel verweisen auf Szenen rund um die Geburt Jesu. Mit der Kanzel des Holzschnitzaltares liegt uns ein Meisterstück von Hans Gudewerdt dem Älteren vor. Die Reliefs haben niederdeutsche Unterschriften und verweisen auf die Schöpfung, auf das Weltgericht und auf Stationen aus dem Leben Christi. Am Treppengeländer schauen wir auf das letzte Abendmahl und auf das Gleichnis des Lazarus.
Im Rahmen einer Renovierung im 19. Jahrhundert entstanden die Emporen, die spätbarocke Darstellungen von Christus und den Aposteln zieren. Ein Kuriosum: Dem Marienleuchter im Mittelschiff wurde eine doppelseitige Figur von Jörg Plickat eingefügt. Aus akustischen Gründen wanderte dieses Ensemble dann später in die Marienkapelle, denn Gettorf ist seit einiger Zeit auch Konzertkirche.
Ungern verlassen wir nach einer Dreiviertelstunde unseren kenntnisreichen Führer und diese wunderbare Kirche. Im Marktcafé, nicht weit entfernt, können wir uns stärken. Kein Wunder, dass sich ein Großteil der Gespräche um die Kirche und ihre Ausstattung drehte. Außerdem haben wir uns über unsere Erlebnisse während des letzten halben Jahres der „Offenen Kirche“ ausgetauscht.
Wer sich durch diesen Bericht angesprochen fühlt und unsere Gruppe unterstützen möchte, ruft einfach Frau Zeidler im Kirchenbüro an. Wir freuen uns immer über Verstärkung!
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