Merry Old England II Konzert mit Concertino Schleswig-Holstein

 

Immer wieder öffnet die St.-Johannis-Klosterkirche in Schleswig ihre Pforten für die Aufführung Alter Musik. Concertino Schleswig-Holstein, das sind in diesem Konzert Bethany Webster-Parmentier und Cornelia Kempf (Barockvioline), Thomas Petersen-Anraad (Barock-Violoncello), Gero Parmentier (Laute und Theorbe) und Kent Pegler v. Thun (Spinett), hatten am 17.Oktober 2020 eingeladen und ganz viele sind dieser Einladung gefolgt. Trotz oder wegen Corona: Das Konzert war ausverkauft; keiner der auf Abstand geplanten Plätze war mehr frei!

 

Ina von Samson-Himmelstjerna, die Priörin des Klosters, ließ es sich nicht nehmen, „Merry Old England II“ als das Motto dieses Abends anzusagen, begrüßte das Ensemble für Alte Musik sehr herzlich und freute sich über den guten Besuch. Wie schön, dass Gero Parmentier nicht nur ein hervorragender Lautenist ist, sondern auch verständlich und humorvoll durch den Abend führte und zum Beispiel erklärte, dass Georg Friedrich Händel fast die gesamte Zeit seines Lebens in England wirkte und darum völlig zu Recht in einem Programm mit genuin britischer Musik auftaucht. Und so machte eine der fast zwanzig Triosonaten Händels, die von den Mitwirkenden ganz im Sinne einer intimen Kammermusik vorzüglich ausgeführt wurden, den Anfang. Schön, wie die vier einzelnen, ganz unterschiedlichen Sätze musikalisch nachgezeichnet wurden.

 

William Croft, ein Zeitgenosse Henry Purcells und Schüler von John Blow, schrieb neben der Sakralmusik, die er als Organist der Westminister Abbey komponierte, mehrere Sonaten für Geige. Die Sonate „Violine Solo in g-moll“ bot Kent Pegler v. Thun und Cornelia Kempf Gelegenheit, in einem Duett zu zeigen, wie differenziert Musik des Barock klingen kann; gerade die abschließende Gigue, die ausgesprochen fröhlich-luftig daherkam, hat mir besonders gefallen.

 

John Dowland, ein Zeitgenosse Shakespeares, hat über einhundert Stücke für Sololaute geschrieben, etwa dieselbe Anzahl an Lautenliedern und einigen Consort-Stücke für Gambe und Laute. „A Dream“ ist ein eher ruhiges, trotzdem sehr intensives Stück Lautenmusik, das Gero Parmentier souverän zu Gehör brachte.

 

Händel hatte das folgende Concerto ursprünglich als Orgel-Konzert konzipiert und es dann – wie damals durchaus üblich – zum Orchesterstück umgearbeitet. Einmal mehr warfen sich die Musizierenden gekonnt die Bälle zu und brachten diese Musik ganz duftig zu Gehör.

 

John Ravenscroft, in England geboren, war ein Geigenschüler Arcangelo Corellis und komponierte in Rom eine Reihe von Triosonaten. Deren erste wurde nun dargeboten, und schon nach wenigen Tönen war klar, warum von ihm nachgelassene und später publizierte Musik durchaus immer wieder fälschlicherweise Corelli zugeschrieben wurden. Ein ganz wunderbares Stück!

 

Wissen Sie, was ein „Ground“ ist, rein musikalisch betrachtet? Kent Pegler von Thun erklärte es am Beispiel eines Werkes von Henry Purcell, das er anschließend am Spinett solo vortrug. Ein „Ground“ ist zunächst einmal eine Melodie, die meist im Bass liegt und mehrmals bis vielmals hintereinander erklingt. Diese Musik tritt auch gewöhnlich nicht für sich auf, sondern als Fundament für ein, zwei oder mehr Oberstimmen jeglicher Art, die sich über dem Bass in fröhlichen Variationen ergehen. Da dieses Modell nicht nur in Italien – wo es wahrscheinlich entstand – viele Freunde besaß, wurde es auch in England zu einer Gattung, die Henry Purcell gerne nutzte. Herrlich, wie Pegler von Thun dies anhand von zwei Stücken demonstrierte.

 

Und dass dieses Modell auch mit Theorbe und Violine funktioniert, zeigte das nächste Stück, das das Ehepaar Webster-Parmentier/Parmentier gemeinsam vorstellte. Um es kurz zu sagen: ein Ohrenschmaus, der schnell zum Ohrwurm werden kann.

 

Zum Abschluss des Konzertes erwartete uns ein Stück von Telemann. Nein, das hatte mit „Merry Old England“ nichts zu tun, aber mit einem interessanten Irrtum. Lange Zeit wurde diese Musik nämlich Händel zugeschrieben, sie stammt aber tatsächlich von Telemann. Und damit schließt sich der Kreis, denn Telemann und Händel waren gut befreundet! Mehrfach schickte Händel Telemann Pflanzen und Blumen, denn er wusste um die Gartenbauaffinität des Hamburgers. Mit diesem Concerto verabschiedeten sich die Musiker von Concertino Schleswig-Holstein und entließen ein begeistertes Publikum in den Abend: mit großem Engagement und einem fein ausbalancierten Klang, ganz herrlich.

 

Dieses Konzert in der Corona-Zeit vor dem „zweiten Lockdown“ war eine großartige Werbung für die Alte Musik und für einen überzeugenden Veranstaltungsort, der zunehmend in das Bewusstsein der Bevölkerung rückt: die schöne Kirche des St.-Johannis-Klosters in Schleswig.

 

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