Was kann die Musica nicht alles: aufheitern, erlösen, beruhigen, beflügeln, aufhellen, ordnen, tanzen, schwingen, ermuntern, trösten, unterhalten, erziehen, öffnen. Kleinere Musikstücke in sehr subjektiver Auswahl sollen einmal pro Monat Appetit machen auf etwas Wunderbares aus der großen Welt der Töne. Vielleicht ebnet das Anhören sogar den Weg zum Komponisten und dessen Œuvre?
Ganz gewiss ist auch das Leben von Domenico Scarlatti ein Beleg für das Nomadenleben der großen Musiker des Barock. Nur da, wo Geld und Umgebung auskömmlich waren, gab es eine Lebens- und Kompositionsgrundlage.
Scarlatti stammte aus einer bekannten italienischen Musikerfamilie. 1719 bot sich ihm die Chance, an den Hof des portugiesischen Königs Johann V. zu wechseln. Dort war er Musiklehrer und Hofkapellmeister und unterrichtete zudem am Cembalo die portugiesische Prinzessin Maria Bárbara de Bragança, eine hochbegabte Musikliebhaberin. „Als Maria Bárbara 1729 den spanischen Thronfolger Don Fernando von Asturien (ab 1746 König Ferdinand VI.) heiratete, folgte ihr Scarlatti in ihre neue Heimat. Sie gingen zunächst nach Andalusien, wo der Hof anfangs zwischen Sevilla, den Sierras, Granada, Cádiz und anderen Hafenstädten hin- und herreiste. Die Cembali der Prinzessin wurden dabei auf dem Rücken von Maultieren transportiert.“ (Wikipedia)
Welche Funktion Scarlatti nun allerdings am Spanischen Hof einnahm, ist unbekannt. Sicherlich hat er die Prinzessin weiterhin unterrichtet. Aber da er in den Gehaltslisten des Hofes dieser Zeit keine Erwähnung findet, ist davon auszugehen, dass er sich darüber hinaus fast ausschließlich der Komposition am Cembalo widmete. Dabei integrierte er offenbar auch die ihn umgebende spanische Volksmusik in sein Werk.
1739 erschienen „30 Übungen für Cembalo“ in London im Druck und machen den Komponisten auf einen Schlag in ganz Europa bekannt. Wer diese Musik hört, versucht natürlich, sie einer Epoche zuzuordnen. Aber welcher? Musikwissenschaftler wie Ralph Kirkpatrick, der bahnbrechende Untersuchungen zum Klavierwerk Scarlattis veröffentliche und das noch heute gültige Werkverzeichnis erstellte, verweisen mit Recht auf die Brückenfunktion seiner Musik, vom Barock hin zum empfindsamen bzw. klassischen Stil. Ich höre in manchem sogar noch Moderneres heraus. Festlegen lässt sich seine Musik also nicht: Sie klingt zeitlos.
Komponiert für Cembalo, vielleicht auch für Hammerklavier, wird Scarlattis Musik heute gern auch am Klavier musiziert. Und jetzt haben wir die Qual der Wahl, denn was klingt besser oder schöner, was spricht mehr an?
https://www.youtube.com/watch?v=CI5AmAagd74
oder
https://www.youtube.com/watch?v=mAE2NSuBz2U
Die Musikwissenschaft hebt oft das Ungewöhnliche dieser Sonaten hervor. Eine befreundete Klavierspielerin sprach mir gegenüber von einer „schönen Zumutung“. Andere verweisen gerne darauf, dass Scarlatti wohl ein Glücksspieler war und seine Mäzenatin ihm mehr als einmal aus der finanziellen Klemme half.
Aber ist das nicht völlig gleichgültig, wenn man diese Musik hört?
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Erich C (Donnerstag, 04 Juli 2024 09:44)
Wunderbar, Scarlatti zum Frühstück!so leicht und getragen komme ich in den tag. danke lieber Klemens.